Einleitung Lebershunt Hund

Lebershunt beim Hund – von Interesse ist dieses Krankheitsbild für den Züchter vor allem dadurch, dass es sich in den meisten Fällen um ein angeborenes und erbliches Leiden handelt.

Die im späteren Leben durch Lebererkrankungen erworbenen Formen sollen hier nicht besprochen werden.


Was ist ein Lebershunt?

Beim portosystemsichen Shunt oder Lebershunt handelt es sich um eine Mißbildung der Blutgefäße im Leberbereich. Normalerweise sammelt sich das Blut der Darmvenen in der Pfortader der Leber, die das Blut zur Leberpforte führt.

Von dort fließt das Blut über ein verästeltes System durch die gesamte Leber und wird von den Stoffen gereinigt, die zuvor aus dem Darm aufgenommen wurden.

Bei diesen Stoffen handelt es sich um Baustoffe ebenso wie um Giftstoffe und Produkte des Stoffwechsels. Bei der Mißbildung des Lebershunts umgeht ein Großteil des Blutes aus den Darmvenen das Pfortadersystem der Leber und fließt ungereinigt an ihr vorbei in den großen Kreislauf einschließlich Gehrin.

Diese Abkürzung nennt man Shunt.

Wie entstehen Schäden für den Körper?

Da normalerweise 2/3 des Leberblutes aus dem Pfortadersystem kommen, fehlt beim Lebershunt dieses Blut in der Leber. Das Organ ist daher deutlich zu klein, wird weniger durchblutet und bildet sich zurück.

Weder die Baustoffe werden entsprechend vorbereitet mit dem Leberblut auf die Reise in den Körperkreislauf geschickt, noch findet die notwendige Entgiftung des Blutes statt. Schließlich ist die Leber die Stoffwechsel- und Chemiezentrale im Körper. Keine Baustoffe – kein ordentliches Wachstum.

Das ungereinigte Blut gelangt – mit Giftstoffen beladen – ins Gehirn und verursacht dort Störungen bis hin zu Krämpfen.

Welche Symptome zeigt ein Patient?

Hier unterschieden sich Hund und Katze deutlich.

Es sollten hier nur die typischen Befunde für Hunde genannt werden. Allgemein sind die Tiere etwas weniger lebhaft, depressiv bis apathisch-komatös und desorientiert. Der Kopf kann an Gegenstände gepresst werden (evtl. Anzeichen für Kopfschmerzen).

Daneben sind Störungen des Gangbildes, Sehstörungen und Verhaltensänderungen möglich.

Die körperliche Entwicklung ist schlechter als bei gesunden Tieren, die Patienten sind kleiner, schwächlicher und auch magerer.

Epilepsieartige Krampfanfälle treten beim Hund teilweise auf, aber nicht in allen Fällen. Meist leiden die Tiere zeitweise an Appetitlosigkeit, Durchfall und Erbrechen. Verstärktes Wassertrinken und Urinieren kommt häufig vor.

Manchmal zeigen die Tiere auch die Anzeichen für eine Harnwegsentzündung, auch mit Blut im Urin (verursacht durch Steine, die aus den nicht entgifteten Stoffwechselschlacken entstehen, z.B. Biuratsteine).

Es ist damit verständlich, warum man bei häufigeren Unpäßlichkeiten eines jungen Hundes genauer hinschauen muß. Es könnte durchaus eine ernste Ursache dahinterstecken.

Besonders verdächtig sind Junghunde, die wenige Stunden nach einer üppigen Mahlzeit Krankheitssymptome zeigen.

Wichtig ist es zu wissen, des es Zeiten geben kann, zu denen die Patienten völlig gesund erscheinen. Und dann kommen wieder Tage, an denen es den Tieren richtig schlecht geht.

Welche Hunde sind in welchem Alter betroffen?

Meist zeigen sich die ersten Symptome beim angeborenen Lebershunt auch schon recht schnell in den ersten 6 Lebensmonaten.

Manchmal kann es bis zum 2. Geburtstag dauern bis sich die Krankheitsanzeichen zeigen. Das ist aber eher selten. Der Erbgang ist noch nicht genau bekannt, vermutlich rezessiv, auf jeden Fall aber polygen.

Bei einigen Rassen ist eine familiäre Häufung sichtbar und wird auch von den Zuchtverbänden entsprechend reglementiert. Meist werden neben dem erkrankten Tier alle Geschwistertiere des gleichen Wurfes ebenso wie die Elterntiere aus der Zucht genommen.

Bei kleineren Hunderassen liegt die Gefäßmißbildung meist außerhalb der Leber, bei großen Rassen in der Leber selbst.

Bekanntermaßen häufiger betroffen sind die Rassen:

Wie kann man eine Diagnose stellen?

Eine Ultraschalldarstellung der Gefäßmißbildung selbst wäre optimal, ist aber meist sehr schwierig, erfordert eine sehr gute Gerätausstattung und einen absoluten Spezialisten für diese Fragestellung. In der normalen Tierarztpraxis wird man dies kaum finden.

Ebensowenig wie eine Kontrastmitteldarstellung des Shunts auf einem Röntgenbild (Angiographie). Allerdings kann bei einer normalen Röntgenaufnahme des Bauches eine kleine Leber schon für Lebershunt sehr verdächtig sein.

Eine weitere Diagnosemöglichkeit liegt in Blutuntersuchungen. Häufig sind aber die üblichen Blutwerte und auch Leberwerte an sich unverändert normal. Es kann eine Blutarmut und ein Eiweißmangel vorliegen, muss aber nicht.

Einen guten Hinweis bekommt man bei der Bestimmung des Ammoniaks im Blut oder bei der Bestimmung der Gallensäuren, nüchtern und 2 Stunden nach der Nahrungsaufnahme.

Die sicherste Aussage bietet ein sog. Ammoniumbelastungstest. Dazu wird nüchtern Blut entnommen, eine genau vorgeschriebene Menge an Ammoniumchlorid, in Wasser gelöst, dem Patienten verabreicht und genau 30 min danach nochmals Blut abgenommen.

Eine Bestimmung des Ammoniaks im Blut zeigt dann, ob ein Lebershunt vorliegt oder nicht.

Wie kann man den Lebershunt beim Hund behandeln?

Eine echte „Heilung“ kann man nur durch eine Operation erreichen, wenn sie denn überhaupt möglich ist. Bei den außerhalb der Leber liegenden Shunts ist die Chance dafür besser, als bei denen, die in der Leber selbst liegen.

Allerdings sind die Kosten hoch (Universität Gießen ca. 2000,- Euro) und auch mit Risiken verbunden. Zwischen 10 und 30 % der Patienten sterben.

Bei der Operation kann man das entsprechende Blutgefäß der „Umgehungsstraße“ nicht sofort ganz verschließen, da sonst lebensbedrohliche Druckanstiege im Pfortadersystem entstehen.

Der Verschluß des Gefäßes muß schrittweise erfolgen. Dazu gibt es aber schon sehr moderne Operationsmethoden, bei denen nicht unbedingt zweimal operiert werden muß.

Leider kann sich in seltenen Fällen nach einer Operation ein Shunt noch einmal neu bilden. Auch kann es mehrere Shunt-Gefäße geben.

Nun gibt es leider Hunde, die nicht operiert werden können.

Sei es weil die Gefäßmißbildung so ungünstig liegt, daß man nicht dort unterbinden kann, sei es weil es dem Patienten so schlecht geht, daß er eine Narkose nicht überstehen würde oder rein aus finanziellen Gründen.

Für diese Tiere gibt es zumindest medizinische Hilfe, jedoch keine Heilung. Man muß sich auch darüber klar sein, daß ein normales Lebensalter nicht erreicht wird.

Endstadium ist eine Leberfunktionsstörung mit einer Leberfibrose/ Leberzirrhose. Trotzdem kann man vielleicht ein lebenswertes Leben über einen längeren Zeitraum (evtl. viele Monate) erreichen, wenn der Tierhalter seinen Hund streng Diät füttert und immer gewissenhaft Medikamente verabreicht.

Die Diät besteht aus einer eiweiß- und auch fettarmen Futterzubereitung. Wichtig ist, daß bestimmte Aminosäuren nicht oder in nur geringer Menge enthalten sein dürfen.

Einige Hersteller von Tierdiätnahrung haben aber auch schon Leberdiäten im Programm. Billig ist dieses Futter erfahrungsgemäß nicht, vor allem wenn es sich um eine große Rasse handelt.

Zu den Medikamenten, die Symptome lindern, zählen: Antibiotika (oder Metronidazol), die die Darmflora verringern und damit auch die Produktion von Bakteriengiften, die ins Blut aufgenommen werden können.

Lactulose-Sirup zum Senken des Darm-pH-Wertes und als leichtes Abführmittel. Auch dadurch wird die Bildung und Aufnahme des giftigen Ammoniaks aus dem Darm ins Blut verringert.

Wie kann man Lebershunts vermeiden?

Da beim angeborenen Shunt eine Erblichkeit bekannt ist, wird überall empfohlen, erkranktes Tier und Geschwistertiere in jedem Fall aus der Zucht zu nehmen. Das Gleiche wird auch für die Elterntiere angeraten.

Lebershunt bedeutet für die betroffenen Hunde und deren Halter eine unsägliches Leiden.

Bis die Krankheit erkannt wird, vergeht oft eine Reise von Tierarzt zu Tierarzt und jede Menge Untersuchungen (und Kosten und viel Zeit). Es liegt eigentlich im Interesse eines jeden Tierfreundes, dieses Leid keinesfalls zu vermehren.

Das Züchten mit erkrankten Tieren stellt jedenfalls einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz § 11 b in höchstem Maße dar. Auch die Zuchtordnungen des VDH und ICC regeln, daß mit solchen Tieren nicht gezüchtet werden darf.

Auch auf die Gewährleistungspflicht in Deutschland soll hier hingewiesen werden.

Literatur:

L.P. Tilley, F.W.K. Smith/ The 5 Minute Veterinary Consult/ Williams & Wilkins 1997, S. 966-967

J.D. Hoskins/ Veterinary Pediatrics/ W.B. Saunders 1990/ S. 212-218

H.G. Niemand, P.F. Suter / Praktikum der Hundeklinik / 8. Aufl. Parey 2000, S. 555-556

W. Kraft/ Kleintierkrankheiten Bd.1 Innere Medizin/ Ulmer 1990/ S. 347-350

J.D. Bonagura/ Kirk’s Current veterinary therapy XII / W.B. Saunders 1995/ S. 1153-1157